Zum Reformationssonntag

«Wenn ich wüsste, dass Morgen die Welt unterginge, würde ich Heute ein Apfelbäumchen pflanzen»

Schön und voller Hoffnung klingt dieser Sinnspruch, der dem Reformator Martin Luther zugeschrieben wird. Und warum sollen diese kraftvollen Worte nicht vom Übersetzer der ersten deutschen Bibel stammen? Luther selbst hielt sich gerne und oft in Gärten auf und erfreute sich an Blumen und Bäumen. Auf luther.de ist nachzulesen, dass es viele Baumlegenden gibt, die sich um den grossen Deutschen ranken.

Blühender Kirschbaum

Bäume haben in allen Religionen der Welt eine bedeutende Rolle gespielt, sie sind Symbole für das Leben schlechthin; es gibt kaum ein schöneres Sinnbild für ein gelungenes und erfülltes Leben als ein blühender Baum. So wie ein Baum mit den Jahren gross und mächtig wird, so soll auch unser Leben wachsen, gedeihen, blühen und Früchte tragen. Einen besonders schönen Glückwunsch kannten die Römer: «Vivat, crescat, floreat!» – Lebe, gedeihe, blühe! Und Jesus Christus verglich unseren Glauben mit den Früchten des Baumes: wer an das Euangelion glaubt, gleicht einem Baum, der gute Früchte trägt. Jesus benutzte bei vielen Gleichnissen Bilder aus dem bäuerlichen Leben, die den Zuhörenden vertraut waren.

Am kommenden Sonntag feiern wir so wie an jedem ersten Sonntag im November den Reformationssonntag. Dabei sollen die Ereignisse des frühen 16. Jahrhundersts in Erinnerung gerufen werden, die schliesslich zur Entstehung der reformierten Landeskirche führten. Luther, Zwingli, Calvin und viele andere Reformatoren forderten einen Neuanfang, wollten die christliche Botschaft von Grund auf erneuern und von bestehenden Traditionen befreien. Die Reformatoren forderten einen Glauben, der allein auf den Tugenden und Kernlehren des Christentums fusst: Erlösung durch Gnade, Rückbesinnung auf das Evangelium und Christus als Messias.

Vielleicht kam Luther irgendwann an einem Sommertag in einen blühenden Garten, legte sich unter einen schattigen Baum und machte sich Gedanken über das reformatorische Werk, das er begonnen hatte. Der christliche Glaube, so wie Luther ihn verkündete, verbreitete sich zwar rasch, hatte aber erst wenige Anhänger und war alles andere als gefestigt. Es war wichtig, das begonnene Werk zu pflegen und zu umsorgen, gerade so, wie ein Gärtner der frischen Saat oder einem jungen Baum besondere Aufmerksamkeit schenkt. Vielleicht verglich Luther sogar die junge Reformation mit einem Baum, an dem die ersten Blätter und Äste wachsen. Gewiss: der von allen Konventionen und erstarrten Strukturen befreite Glaube musste für die damaligen Menschen eine grosse Strahlkraft gehabt haben, so dass er bald eine Eigendynamik entwickelte. Dennoch war die Bewegung noch schwach und musste sich gegen die etablierte Kirche behaupten. Und genau dies gelang ihr mit grossem Erfolg. Bereits in den ersten Jahren setzten sich ganze Städte und Kantone für die Reformation ein und wurden zu den Wegbereitern der reformierten Landeskirche. Am Beginn dieses Erfolges stehen die Reformatorinnen und Reformatoren, die sich mir grosser Hingabe und Aufopferung für die Reformation einsetzten.

An alle diese Frauen und Männer gedenken wir am Reformationstag. Von ihnen lernen wir, dass unsere Kirche stets auch das ist, was wir daraus machen. Wenn wir uns für unseren Glauben einsetzen, uns jeden Tag auf die Botschaft von Jesus Christus besinnen und unser eigenes Tun und Lassen stets im Lichte des Evangeliums betrachten, dann handeln wir im Sinne der Reformatoren. Und obwohl unsere Kirche während Jahrhunderten gewachsen ist, so braucht sie doch unsere Sorge und Pflege, genau so wie vor 500 Jahren.
Als Paulus und Silas nach ihrer Synagogenpredigt im pisidischen Antiochia abgelehnt wurde, wandten sie sich mit ihrer Botschaft den Griechen zu und verkündeten, dass Gottes Heilsbotschaft allen Menschen gilt (Apg 13): «Als die Nichtjuden das hörten, brachen sie in Jubel aus. Sie wollten gar nicht mehr aufhören Gott für seine rettende Botschaft zu preisen». Jubel und Freude herrschte unter den Menschen und die gute Nachricht wurde als einzigartiges Geschenk Gottes angenommen. Für die Griechen musste die Zusage des Paulus eine grosse Überraschung sein, denn die jüdische Heilslehre galt ausschliesslich dem jüdischen Volk. Um so grösser war die Freude, denn fürdie Griechen war diese gute Nachricht nichts selbstverständliches sondern ein grosses und einmaliges Gnadengeschenk.

Wer weiss, vielleicht springt ein Funke dieser Freude und Begeisterung von den Menschen aus dem antiken Antiochia zu uns in die Gegenwart. Wenn dieser Funke auch in uns wieder die Freude und Dankbarkeit für das Erlösungswerk des Messias weckt, wenn wir diese Freude weitergeben und an jedem ganz gewöhnlichen Tag leuchten lassen, dann haben Paulus und all die anderen Prediger und Reformatoren ihr Ziel erreicht.

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