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Das Geheimnis der Steinkugeln aus dem Hohgant-Gebiet

Sie sind am Oberlauf der Emme und im Waldemmental zu finden: Steinkugeln im Fels und runde Ausbuchtungen. Einiges über sie ist bekannt; die genaue Entstehung dieser Kugeln bleibt aber weiterhin ungeklärt.

Nach einem Hochwasser im Jahr 2005 entdeckte Klaus Maurer in der Emme bei Aeschau einen seltsamen Stein. Der 65 Zentimeter lange Felsbrocken enthielt in der Mitte einen zweiten, kugelförmigen Stein, etwa so gross wie ein Handball, der aus dem grösseren Felsbrocken heraus zu wachsen schien. Schnell war klar, dass es sich hier nicht um einen Gletschertopf mit einem rund geschliffenen Findling handelte. «Der runde Stein entstand im Innern des umschliessenden Felsblocks. Dieser rollte durch das Flussbett und brach irgendwann entzwei, so dass der Kugelstein zum Vorschein kam», berichtet Klaus Maurer. Dass die Kugel an ihrem Platz verblieben ist, sei ein Glücksfall. Mit einer Traktorschaufel liess der gelernte Hufschmied den seltenen Fund aus der Emme bergen, um weitere Erkundigungen einzuholen. Eine Bestätigung für das Phänomen bekam er vom inzwischen verstorbenen Lehrer und Geologen Peter Andres aus Signau.

Knauer sind es nicht!
Bereits 1980 beschrieb Andres das Vorkommen von Steinkugeln im Hohgant Sandstein in der Nähe des Hinter Hübeli in Bumbach. In einem Büchlein, das sehr sorgfältig mit einer Schreibmaschine getippt wurde, dokumentiert er die Kugeln. Andres schreibt, dass am Oberlauf der Emme mehrere Kugelgebilde mit einem Durchmesser von zehn bis 50 Zentimeter entdeckt werden können. Gemäss Andres dürfen die Kugeln nicht mit Knauerbildungen gleichgesetzt werden. Knauer sind, vereinfacht ausgedrückt, rundliche Steinformen, die durch Verwitterung im Sandstein entstehen. Bei seinen Nachforschungen hat Andres auch flachgedrückte Kugeln und tropfenförmige Steine gefunden – und neben einzelnen Steinkugeln auch ganze «Kugelnester»! 

Auch im Waldemmental zu finden
Andres schreibt weiter: «Im Gegensatz zu Knauern wird bei unseren Steinkugeln keine feste Verbindung mit dem anstehenden Fels gefunden, die Kugeln lassen sich relativ leicht aus den ‹Schalen› lösen.» Solche Felsformen mit verlorenen Kugeln können bei einem Findling in Unter Siehen oder bei der Kneippanlage Schwandalpweiher in Flühli besichtigt werden. Der dort ausgestellte Felsblock wurde beim Glashüttenrain gefunden, dieser wurde vor ca. 20’000 Jahren vom Waldemmengletscher ins Waldemmental transportiert. 

Gemäss Andres ist das Kugelmaterial nicht härter als der übrige Fels, «soweit sich feststellen lässt, besteht der Stein aus den gleichen Bestandteilen wie der anstehende Fels.» Und vom Wasser angeschliffene Kugeln seien plan oder eher noch ausgewaschen worden. 

Keine neuen Nachforschungen
Peter Andres kam zum Schluss, dass sich die Steinkugeln spätestens mit der Entstehung des Muttergesteins im Eozän ausgeformt haben. Dieses steht für eine erdgeschichtliche Periode, die vor etwa 56 Millionen Jahren begann und vor 34 Million Jahren endete. Andres, der eine abschliessende Antwort auf die Entstehung der Kugeln nicht geben konnte, empfahl eine detaillierte chemische Untersuchung des Gesteins. Dies sei seines Wissens bisher nicht erfolgt und könnte Aufschluss über die Entstehung der Kugeln geben! Gemäss Professor Fritz Schlunegger vom Institut für Geologie an der Universität Bern ist das so: «In der Tat gibt es keine neueren Untersuchungen.» Schlunegger schreibt in einer Antwort, dass die Kugeln tatsächlich durch unterschiedlich starke Zementation im Ursprungsgestein, vermutlich Hohgant-Sandstein, entstanden sein könnten: «Dabei bilden sich im Gestein Verhärtungen (oder auch Konkretionen). Bei der Verwitterung und anschliessenden Erosion wird der Sand um die Verhärtungen weggetragen, und die Kugeln bleiben vor Ort liegen. Um diese These zu stützen, braucht es in der Tat eine detaillierte mikroskopische Untersuchung. Sie würde aufzeigen, ob rund um die Verhärtung die Zementation des Sandsteins besser ist als rund herum.»

Die Steinkugeln bleiben damit weiterhin ein spannendes Thema.