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Eine kleine Kulturgeschichte der Slash-Taste

Ist Dir das auch schon aufgefallen? Du suchst auf Google – irgendetwas – und wenn das Ergebnis angezeigt wird, tippst Du eine Taste an – irgendeine. Ganz unten auf der Seite des Suchgiganten wird dann ein kleiner Hinweis eingeblendet, der nach wenigen Sekunden auch schon wieder verschwindet:

Gesehen? Eigentlich ist das ganz hilfreich, die /-Taste setzt den Cursor wieder in das Eingabefeld, so das ein neuer Suchbegriff eingegeben werden kann. Aber warum wurde für dieses praktische Gimmick ausgerechnet die /-Taste (auch Slashkey) auserkoren? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir eine Zeitreise in das Jahr 1978 machen, nach Massachusetts in Nordamerika. Zum Firmensitz von VisiCorp. Dort werkelte Dan Bricklin für dieses Unternehmen an einer für die damalige Zeit revolutionären Sofware: VisiCalc! VisiCalc war nichts weniger als die erste Tabellenkalkukation. Erstmals war es möglich, auf einem Homecomputer (dem Apple II, um genau zu sein) Zahlen tabellarisch darzustellen. Und, das war das absolut neue, es konnten auch Formeln erstellt werden, die mit jeder Aenderung alles automatisch neu durchrechneten.

Und natürlich hatte VisiCalc auch ein Menu, mit dem die verschiedenen Funktionen abgerufen werden konnten. Überhaupt, wer damals nicht mit einer sauberen Menuführung aufwarten konnte, war schnell weg vom Fenster! Um zum Menu zu gelangen, musste man, Du errätst es, die Slash-Taste drücken. Aber warum gerade diese? Ganz einfach, auf einer US-Tastatur ist sie sehr einfach zu erreichen, ohne Shift oder Control oder Alt. Ganz einfach eben! Und auch noch direkt neben der Enter-Taste. Auf europäischen Tastaturen liegt die Slash-Taste natürlich ganz woanders. Da haben wir Nicht-Amis eben Pech gehabt.

Und selbstverständlich drehte sich Geschichte weiter. Bald nach VisiCalc kam Lotus 1-2-3 für den PC, abermals eine Tabellenkalkulation. Lotus 1-2-3 war das, was wir eine Killer-App nennen, sie verdrängte die Konkurrenz und verhalf IBM’s PC zu einem Welterfolg! Nun wurde beim Kauf eines PC nur noch gefragt, ob Lotus 1-2-3 darauf läuft. Nein? Vergessen Sie es!

Warum war Lotus 1-2-3 so erfolgreich? Es bot eine Myriade an neuen Funktionen und, was eine bahnbrechende Neuerung war, grafische Auswertungen! Also gefällige Kuchen-, Linien- und Balkendiagramme, die Zahlenwüsten visualisieren konnten! Alles in Farbe. Dazu Datenbankfunktionen, Hilfestellungen und einiges mehr. Zudem war Lotus 1-2-3 grösstenteils in Assembler programmiert, es war auch bei komplexen Berechnungen pfeilschnell.

Natürlich versuchten andere Spreadsheets sich im Glanz von 1-2-3 zu sonnen und imitierten das Programm. Und damit auch die Slash-Taste! Geholfen hats indes nicht viel, Lotus 1-2-3 blieb 20 Jahre lang das Mass aller Dinge, wenn es um Tabellenkalkulation ging. Erst Excel überholte dann den Primus, über die Gründe wird bis heute gestritten. Excel war eben schneller bereit für Windows, Lotus investierte in eine OS/2 Version, die zum Flop geriet! Und als Lotus 1-2-3 für Windows bereit war, war es halt zu spät. Geblieben ist die Slash-Taste, die kann noch heute in Excel oder LibreOffice Calc verwendet werden. Und, eben, auf Googles Startseite.