«Gleichheit ist die Seele der Freundschaft»

Diesen Sinnspruch fand ich heute Morgen auf meinem Kalender, als ich einen Termin für den kommenden Monat Februar einzeichnen wollte. Er stammt vom «Philosophenfürsten» höchstpersönlich, also von Aristoteles. Wieder einmal die Schriften des grossen Griechen lesen, das wäre etwas!

Aristoteles hat vor fast 2500 Jahren gelebt und die Schriften, die uns erhalten geblieben sind, sind mit grösster Wahrscheinlichkeit Vorlesungsmanuskripte des Meisters, also nicht für Dritte zur Lektüre bestimmt. Natürlich hat Aristoteles auch – ähnlich Plato – Lehrschriften in Dialogform für seine Schüler verfasst. Allein diese sind fast vollständig verloren gegangen – ein schrecklicher Verlust!

Die Lektüre des grossen Stagiriten ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden und es stellt sich die Frage, ob sich die Auseinandersetzung mit dem Text lohnt. Ja, sie lohnt sich auf jeden Fall. Olof Gigon hat die Aristoteles-Lektüre sogar als «in einem ganz besonderen Sinne heilsam» bezeichnet. In der Reihe «PHILOSOPHIE JETZT!» des Diederichs Verlages war Aristoteles einer der ersten Philosophen, dem ein Band gewidmet wurde.

Freilich ist vieles, was auf uns gekommen ist, veraltet oder schlicht und einfach falsch. Aber die ethischen Werke, allen voran die nikomachische Ethik und der «Protreptikos», die Empfehlungsschrift an die Philosophie, haben kaum an Aktualität eingebüsst. Der Protreptikos ist zugleich das empfohlene Werk für Einsteiger.

Aus der nikomachischen Ethik könnte auch der im Titel wiedergegebene Sinnspruch stammen, denn dort widmet sich der Meister in einem ausführlichen Kapitel dem Thema Freundschaft, das er im achten Buch wie folgt einleitet: «Darnach werden wir wohl von der Freundschaft reden müssen, denn sie ist eine Tugend, oder doch mit der Tugend verbunden; ausserdem gehört sie zum notwendigsten im Leben. Denn keiner möchte ohne Freunde leben, auch wenn er alle übrigen Güter besässe.»

Auf den folgenden Seiten beleuchtet der grosse Denker das Thema von allen Seiten in seiner unvergleichlichen Art. Er analysiert, unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Freundschaft, erstellt eine Einteilung aller wichtigen Punkte und schafft Ordnung, so wie er dies in all seinen Werken tut. Und wie oft sind da Fragmente zu finden, die Situationen beschreiben, wie wir sie tagtäglich erleben: «Vorwürfe und Klagen gibt es ausschliesslich, oder doch meistens in der auf dem Nutzen beruhenden Freundschaft, und dies begreiflicherweise».

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